Diese Woche habe ich beim Gassigehen eine
sehr typische Situation beobachtet. Ein kleiner Terrier steckt mit dem ganzen
Kopf in einem Mauseloch und pustet leidenschaftlich hinein, buddelt und pustet
wieder. Frauchen wird der Szene gewahr und ruft den kleinen Kerl, der sie aber
nur ganz am Rande wahrnimmt, da er völlig in seiner Jagd vertieft ist. Ja, im
Mauseloch buddeln gehört auch zum Jagdverhalten! Was tut das Frauchen nun? Klar, sie tut, was die meisten von uns tun,
sie ruft nochmals etwas eindringlicher. Man ahnt es schon, mit dem selben
Ergebnis.
Und nun wird es problematisch. Nachdem auch
das dritte, sehr laute und strenge Rufen ungehört verhallt ist, stapft die
ältere Dame unter unablässigem resignierten Rufen auf ihren Hund zu und holt
ihn am Mauseloch ab. Letzteres ist das einzig Vernünftige in einer solchen
Situation. Den Hund abholen! Was dagegen Gift für den Wert eines Kommandos ist,
ist wenn es, selbst wenn völlig klar ist, dass der Hund es in diesem Moment
nicht befolgen wird oder kann, ständig wiederholt wird.
Bei dem kleinen Jäger angekommen, beugt sie
sich hinunter, zerrt ihn am Halsband aus dem mittlerweile recht beachtlichen
Loch und leint ihn unter Schimpfen an. Der Hund gehört glücklicherweise zu den
gutmütigen Vertretern seiner Rasse und grinst sie einfach nur freudestrahlend
über das tolle Abenteuer an. Es gibt durchaus Hunde, die auf eine würgende
Unterbrechung ihrerseits Triebverhaltens anders reagieren. Aber bei den beiden
scheint das eine Art unbewusstes Ritual zu sein.
Den letzten Akt, der solche Szenen oft
begleitet, haben die beiden sich zum Glück erspart. Zugegebenermaßen sieht man diesen
auch meist eher bei Herrchen. Häufig wird nämlich im Anschluss an eine solche
Szene mit dem Hund in rauhem Ton mit ordentlichem Leinenruck ein wenig
Unterordnung trainiert, quasi um die Autorität des Hundehalters wieder
herzustellen. Oder vielleicht doch auch um sich ein wenig abzureagieren. Wie
dem auch sei, der Hund kann dies nicht mit seiner vorangegangenen
"Befehlsverweigerung" in
Verbindung bringen. Auch das Abrufen wird dadurch nicht verbessert. Was aber
passiert ist, dass der Hund seine Bezugsperson als unberechenbar erlebt, was
erheblichen Einfluss auf die Qualität der Beziehung haben kann.
Wie sollte man sich nun richtig verhalten?
Es wird immer Situationen geben, in denen
der eigene Hund nicht auf den Rückruf reagieren wird. Beim einen ist es ein
Jagdverhalten, beim nächsten das Spiel mit dem besten Kumpel, das verlockende
Güllefeld usw., wer das abstreitet, ist einfach nicht ehrlich zu sich selbst.
Kennt man sich und seinen Hund, ist es wichtig abzuwägen, ob das Rufen auf
diese Distanz / diesen Reiz überhaupt Aussicht auf Erfolg hat. Wenn nicht,
sollte man dem Drang zu Rufen widerstehen! Denn jedes Mal, wenn ein Kommando
nicht befolgt wird, wird es noch schwächer. Kommt dies häufiger vor, wird es
irgendwann völlig an Bedeutung verlieren. Im oben beschrieben Beispiel wird der
Rückruf auch noch dadurch zusätzlich geschwächt, dass das Kommando in
resigniertem Tonfall vor sich hin geschimpft wird. Wenn der Hundeführer ein
Kommando ausspricht, dann immer mit der inneren Überzeugung, dass es auch
befolgt wird! Wenn der Rufende schon
nicht an den Rückruf glaubt, warum sollte es dann der Gerufene?
Hat man dann schließlich seinen Hund
erreicht, egal ob man ihn nun abgeholt hat oder er einfach mit was auch immer
fertig ist, wird idealerweise nicht geschimpft (manchmal muss man sich
beherrschen), sondern neutral angeleint und die Situation verlassen. Ist man
dann ein Stück gegangen und hat sich beruhigt!, wird sinnvoller Weise trainiert
und zwar nicht irgendwas wie im oben beschriebenen Fall, sondern der Rückruf.
Man leint den Hund wieder ab, gibt sein Freizeichen und ruft ihn auch kurz
darauf wieder ab, belohnt! und schickt ihn wieder seiner Wege. Man sagt, auf
eine Situation, in der der Rückruf nicht funktioniert hat, sollten etwa zehn
(natürlich nicht am Stück) folgen, in denen der Hund kommt, um das Kommando
wieder zu festigen. Dabei ist es nicht wichtig, dass der Hund von etwas für ihn
Erkennbarem abgerufen wird, es geht nur darum den Automatismus Hundeführer ruft
- Hund kommt wieder zu festigen. Es ist also sinnvoll, in für den Hund einfachen
Situationen zu rufen, beispielsweise, wenn er ohnehin in unsere Richtung
schaut. Wenn der Hund kommt, wird er gelobt und belohnt. Seid nicht
nachtragend, Hunde sind es auch nicht. Dann, wenn Ihr wieder einmal in die
Mauselochsituation kommt und der Hund eurem Ruf folgt, freut ihr euch wie Bolle
und es gibt den größten Jackpot (Leckerli/Lieblingsspiel) aller Zeiten!!!
Eure Julia
P.S. Ich bin fest davon überzeugt, dass es immer mehr als einen Weg gibt, um
ans Ziel zu kommen.