Wozu brauch ich einen Maulkorb? Mein Hund beißt doch gar nicht!
Foto: Manuela Deinert |
Es gibt unterschiedlichste Gründe, weshalb ein verantwortungsvoller
Hundeführer seinen Hund an den Maulkorb gewöhnt, bevor dieser ihn
braucht.
Maulkorb als Urlaubsvorbereitung
In vielen Urlaubsländern, beispielsweise Italien ist das Mitführen
eines Maulkorbes Pflicht. Auf Verlangen muss dieser auch angelegt
werden. Uns war das vor unserem ersten Südtirolurlaub mit Hund zwar
bekannt, dennoch dachten wir, dass der Maulkorb nicht nötig wäre.
Wer sollte sich schon vor einem Pudel fürchten und verlangen, dass
ihm ein Maulkorb angezogen wird? Ich kann Euch verraten, dieser
Trugschluss hat uns so einige Kilometer zu Fuß eingebracht.
Selbst wenn man einen Hund hat, vor dem sich niemand fürchtet, muss
dieser häufig in Verkehrsmitteln, in denen Menschen eng
zusammenkommen, beispielsweise Bergbahnen, verpflichtend Maulkorb
tragen. Da solche Umstände für unsere Vierbeiner ohnehin schon
stressig
sind, sollte die Situation nicht noch zusätzlich durch den Überfall
mit einem Maulkorb verschlimmert werden. Zumal gute Aussichten
bestehen, dass der Hund die Gesamtsituation so negativ verknüpft,
dass er sich das Anlegen des Maulkorbes kein zweites Mal gefallen
lässt.
Maulkorb für den medizinischen Notfall
Wir kennen so einige Fälle, in denen ein friedfertiger, aber
verletzter Hund seine Bezugsperson gebissen hat, als diese ihn zum
Auto tragen wollte. Auch Hunde, die sonst gut mit dem Tierarzt zurecht
kommen, können für schmerzhafte Behandlungen vom Doktor unerwartet
einen Maulkorb angelegt bekommen. Auch diese Situation kennen wir aus eigener
Erfahrung, als Skye eine entzündete Analdrüse ausgespült werden
musste. In dieser Situation waren alle beteiligten froh, dass wir uns
für die Maulkorbgewöhnung Zeit genommen hatten.
Maulkorb bei Giftköderwarnung
Selbst wenn der eigene Hund normalerweise nichts vom Boden frisst und
auch zuverlässig aus gibt, wird einem bei aktuellen
Giftköderwarrnungen immer ein wenig unwohl. Obwohl es eine Vielzahl
Antigiftködertrainings unterschiedlicher Couleur gibt, ist der
einzig 100%-Schutz der Maulkorb. Ein positiv auftrainierter, gut
passender Maulkorb schränkt den Hund auch beim Gassigehen und selbst
im Spiel mit anderen Hunden übrigens weit weniger ein, als man
annehmen könnte.
Vorurteile/Sorgen bezüglich des Maulkorbes
Vor allem beim längeren Tragen des Maulkorbes sind Gedanken
bezüglich der eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten des
Hundes durchaus berechtigt. Mit diesem Thema hat sich auch die
Wissenschaft beschäftigt und es gibt dazu Studien, sowohl mit
Familienhunden als auch mit Polizeihunden.
Hierfür wurden zum einen Speichelproben auf den Gehalt des
Stresshormons Cortisol untersucht. Zum anderen wurde die
Körpersprache der Hunde anhand von Videoaufzeichnungen der
Interaktion mit Artgenossen, welche keinen Maulkorb trugen,
analysiert. Bei den Maulkorbträgern wurde zwar eine geringere
Aktivität bezüglich des Spielelverhaltens festgestellt, diejenigen
Hunde, welche auf die Maulkorbträger trafen, zeigten sich jedoch
unbeeindruckt und es konnte weder aggressives noch meidendes
Verhalten festgestellt werden.1,2
Allein die Vorurteile beim Anblick eines Maulkorbträgers am anderen
Ende der Leine werden wohl deutlicher ausfallen.
Der Verhaltensforscher Udo Ganßloser plädiert sogar dafür eher
noch auf die Leine, zu Gunsten des Maulkorbes, zu verzichten, um den
Stress im Hundealltag zu reduzieren.3
Zur Auswahl des passenden Maulkorbes und zur richtigen
Maulkorbgewöhnung gibt es demnächst mehr hier.
Eure Julia
P.S. Ich bin fest
davon überzeugt, dass es immer mehr als einen Weg gibt, um ans Ziel
zu kommen.
1Elsing,
Spitzley & Ganßloser: Der Einfluss des Maulkorbes auf das
Verhalten des Hundes. Aktuelle Arbeiten zur artgemäßen Tierhaltung
2011, KTBL-Schrift 489, 275 -276
2Untersuchungen
zur Auswirkung des Maulkorbtragens auf Hunde. Wolf & Co. 5Th
international Symposium on Canids 2011, 57-72
3Ganßloser,
Kitchenham: Forschung trifft Hund. Neue Erkenntnisse zu
Sozialverhalten, geistigen Leistungen und Ökologie 2012, S. 110
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